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Interview mit Clemens Riedel

Als Eigengewächs des JFV Wetterau 2012 e.V. hat es Clemens Riedel mittlerweile schon weit gebracht. So kann der gebürtige Wohnbacher auf mittlerweile 18 Pflichtspieleinsätze im Profikader des SV Darmstadt 98 zurückblicken, welcher aktuell die Tabelle der 2. Bundesliga anführt.

 

Begonnen hat seine Karriere in unserem JFV Wetterau, wo unter seinem damaligen Trainer Torsten Fiala bereits in der F-Jugend sein Talent deutlich wurde. Schon in der E-Jugend wechselte Clemens zur Eintracht nach Frankfurt und entwickelte sich dort 4 Jahre lang stetig weiter, bevor er sich mit dem Wechsel in die C-Jugend der TSG Wieseck anschloss. 2019 folgte dann schließlich der Wechsel in die U19-Mannschaft des SV Darmstadt 98, wo er in der Saison 2019/2020 in der B-Junioren-Bundesliga debütieren durfte. 

 

Im Zuge seiner stetigen Weiterentwicklung gelang ihm schließlich in der Sommervorbereitung 2021 der Sprung in den Profikader des SV. Am 15. August 2021 erfolgte dann sein erster Einsatz in der 2. Bundesliga gegen den FC Ingolstadt.

 

Nach wie vor besteht eine enge Bindung zwischen Clemens und dem JFV. So besuchte Clemens beispielsweise schon zweimal unser alljährliches Fußballcamp und stand dort den Fragen der interessierten Kinder gerne zur Verfügung. 

 

So war es auch nicht überraschend, dass Clemens der Einladung zu einem Interview sehr gerne nachgekommen ist, welches am Dienstag, den 29.11.2022 gemeinsam mit den JFV-Vorständen Thomas Schneider und Dominic Rensch im Vereinsheim des SKV Obbbornhofen stattfand.

 

Thomas Schneider (TS): Hallo und guten Abend Clemens, zunächst einmal vielen Dank dass du unserer Einladung zu diesem Interview gefolgt bist.

 

Clemens Riedel (CR): Servus, immer gerne, schön dass ich hier sein kann.

 

TS: Clemens, seit deiner Zeit beim JFV hast du ja mittlerweile in den Jugenden von Eintracht Frankfurt und der TSG Wieseck gespielt. Seit mittlerweile 4 Jahren spielst du nun bereits in Darmstadt und hast dort vor ca. 1 ½ Jahren die Chance bekommen in den Profikader zu schnuppern. Erzähle uns doch einmal wie es dazu gekommen ist und wie du dich dabei gefühlt hast.

 

CR: Ja, also während meiner 2 Jahre in Wieseck wurde ich von dem damaligen U17 Trainer von Darmstadt gesichtet und dadurch ergaben sich dann auch recht schnell die Gespräche mit Darmstadt. Im Sommer 2019 bin ich dann schließlich auch in die Darmstädter U17 Mannschaft gewechselt. Dort haben wir dann in der B-Jugend Bundesliga eine sehr erfolgreiche Saison gespielt, in der ich schon sehr viel dazugelernt habe. Mit dem Profigeschäft hatte das aber alles noch nicht sehr viel zu tun.

In der darauffolgenden Saison bin ich dann hoch in die U19 gewechselt und auch dort haben wir bis zum Winter bzw. Frühjahr 2020 in der Bundesliga Süd erfolgreich mithalten können. Dann kam Corona und wir waren komplett außerhalb des Spielbetriebs. So ergab sich dann für mich die erste Möglichkeit unter Markus Anfang die ersten Trainingseinheiten im Profikader mitzuerleben. 

Im 2. Jahr der U19 habe ich dann als einer von insgesamt drei Jugendspielern die Möglichkeit erhalten am Trainingslager des Profikaders teilzunehmen, womit ich ehrlich gesagt gar nicht gerechnet habe. Da hat man als U19 Spieler auch erstmal gar keine großen Profigedanken, sondern will einfach nur sein Bestes geben und versuchen sich etwas zu zeigen. Seit diesem Trainingslager war ich dann aber bei fast jeder Trainingseinheit der Profis dabei, weil unser neuer Trainer Thorsten Lieberknecht von Beginn an sehr viel Wert auf die Förderung der Jugendspieler legte und meine Leistung anscheinend auch recht gut fand. Im Sommer 2021 ging dann alles Schlag auf Schlag, weil sich in unserer Mannschaft die Corona Fälle gehäuft haben. Ich hatte zwar schon die Saisonvorbereitung bei den Profis mitgemacht, aber dass es dann so schnell ging, hatte ich auch nicht erwartet. Und so kam es dann zu meinem ersten Einsatz im Profikader gegen den FC Ingolstadt.

 

TS: Du warst in dieser Phase ja einer von mehreren Jugendspielern, die dann die Möglichkeit bekommen haben sich bei den Profis zu beweisen, was ja auch zeigt, dass Darmstadt in den letzten Jahren gut nachgelegt hat was die Jugendarbeit angeht. 

 

CR: Ja, auf jeden Fall. Bereits in der U17 wurde uns das damals neue Konzept des Vereins zur Förderung der Jugendarbeit vorgestellt was eben auch beinhaltete, dass die Jugendspieler in gewissen Phasen bereits zu den Profis gezogen werden sollen. Das ist dem Verein denke ich sehr gut gelungen. Neben mir sind bspw. letztes Jahr noch Till Streller, oder dieses Jahr Philipp Sonn und Fabio Torsiello zu den Profis nachgerückt, die auch schon regelmäßige Einsätze erhalten haben. Das funktioniert auch deshalb, weil unser Trainer eben großen Wert auf die Entwicklung der Jugend legt.

 

Dominic Rensch (DR): Wie du siehst haben wir hier ein paar alte Bilder aus Deiner Jugendzeit hier beim JFV mitgebracht, die ja nun auch schon wieder knapp 10 Jahre her ist. Was kommen da bei Dir für Erinnerungen hoch wenn du diese Bilder siehst? Und wie ist das für dich, wenn du mal hier Zuhause bist und dann auch regelmäßig hier auf dem Sportplatz bei den Spielen zu Gast bist?

 

CR: Es kommen wirklich nur schöne Erinnerungen hoch. Wenn ich diese Bilder hier sehe, blüht es in mir richtig auf, weil ich einfach die Jugend mit meinen Freunden in diesem Verein so genossen habe. Einfach Spaß am Fußball haben und die Zeit mit seinen Freunden genießen. Aber auch die Zeit in den Fußballcamps die immer top organisiert waren, war einfach super. Es hat einfach immer nur mega Spaß gemacht. Auch wenn ich aktuell so alle 3-4 Wochen mal nach Hause komme ist es immer wieder schön hier auf den Sportplatz zu kommen und mich mit den Leuten zu unterhalten. Heimat ist eben einfach was schönes.

 

DR: Wie schätzt du den Beitrag deiner früheren Trainer hier beim JFV zu Deiner Entwicklung ein, die dich auf den ersten Schritten Deiner Karriere begleitet haben? 

 

CR: Auch daran habe ich nur positive Erinnerungen. Besonders gut fand ich, dass immer der Spaß im Vordergrund gestanden hat und keinerlei Druck aufgebaut wurde. Weder von den Trainern, noch von meinen Eltern. Dadurch konnte einfach der Spaß am Fußball im Vordergrund stehen. Das finde ich sehr wichtig, ist aber heutzutage nicht mehr selbstverständlich. Es passiert heute ja schon recht oft, dass schon junge Kinder von Eltern oder Trainern unter Leistungsdruck gesetzt werden und dann der Spaß oft hinten an steht. Sehr passend für mich war dann natürlich der Kontakt den Torsten Fiala zur Eintracht hatte. Dadurch ist dann eigentlich alles ins Rollen gekommen.

 

TS: Zurück zur aktuellen Saison bei Darmstadt. Wie bewertest du den bisherigen Saisonverlauf der Mannschaft aber auch deinen eigenen? Du hattest während der Vorrunde ja auch mit einer Verletzung zu kämpfen.

 

CR: Also grundsätzlich denke ich erstmal das es ganz gut läuft. Wir sind auf dem 1. Tabellenplatz, auch wenn man sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht so sehr davon beeinflussen lassen sollte. Wir sind aber natürlich sehr zufrieden mit dem bisherigen Verlauf, schließlich sind wir ja auch seit 18 Spielen ungeschlagen. Auch die Mannschaft passt dieses Jahr sehr gut. Wir sind ein eingeschworener Haufen und das spürt man auch auf dem Platz.

Bei mir persönlich lief die Saisonvorbereitung erstmal ganz gut. Meinen ersten Startelfeinsatz hatte ich dann bereits am 2. Spieltag gegen Sandhausen. Leider habe ich mich hier verletzt und musste in der 53. Minute ausgewechselt werden. Für mich war das gerade am Anfang schon nicht leicht. Ich war glaube ich knapp 6 Wochen raus und hatte bis dahin auch noch nie wirklich mit Verletzungen zu tun. Das ist natürlich erstmal bitter, zumal ich mich eben erst zu meinem ersten Startelfeinsatz gekämpft hatte. In solchen Momenten ist es aber wichtig nicht aufzugeben. Ich denke, dass ich mich mittlerweile wieder ganz gut zurückgekämpft habe. Mittlerweile komme ich ja auch wieder zu meinen Einsätzen, auch wenn es oft nur Kurzeinsätze sind. Ich bin da aber auch realistisch und weiß, dass man halt nicht immer von Anfang an spielen kann. Ich kann mich dann denke ich auch ganz gut in die Situation des Trainers versetzen und verstehe, dass man ja nicht unbedingt wechseln muss wenn das Spiel läuft. Aber vor allem das letzte Spiel der Hinrunde gegen Greuter Fürth zeigte mir, dass der Trainer Vertrauen in die Mannschaft und auch in mich hat, da ich hier nochmal die Chance bekommen habe mich in der Startelf zu zeigen. Dafür bin ich sehr dankbar.

 

DR: Ende Januar geht ja für euch die Saison in der 2. Bundesliga wieder los, in der ihr natürlich eure Tabellenführung halten und ausbauen wollt. Gleich gefolgt von dem Pokalkracher am 07. Februar gegen die Eintracht. Wie geht ihr da als Mannschaft an die Vorbereitung ran?

 

CR: Also erstmal zu dem Pokallos, ich glaube es gibt fast kein geileres Los sowohl für mich persönlich als auch für alle Fans. Es ist einfach perfekt und für mich persönlich auch unglaublich was ich alles erleben darf. Auch schon das Pokalspiel gegen Gladbach war für mich bzw. uns einfach atemberaubend und wir freuen uns sehr auf das Spiel gegen Frankfurt. Ansonsten denken wir einfach von Spiel zu Spiel und wollen eigentlich nicht viel auf die Tabelle schauen, weil das aktuell nicht viel bringt, obwohl man von außen natürlich schon ein bisschen Druck bekommt. Wir versuchen aber trotzdem einfach so stabil weiterzuspielen wie bisher. Wenn es dann am Ende etwas werden sollte mit dem Aufstieg wäre das für uns natürlich eine riesen Sache.  

 

TS: Man hat ja ohnehin, auch von außen, den Eindruck, dass man in Darmstadt schon sehr auf dem Boden geblieben ist, obwohl ja vor allem in den letzten Jahren viel in dem Verein passiert ist und er  eine top Entwicklung in der Vergangenheit erlebt hat. 

 

CR: Ja, das stimmt absolut.

 

TS: Kommen wir mal zu aktuellen Themen – der WM in Katar. Wie bewertest du die bisherigen Leistungen in den zwei Spielen gegen Japan und Spanien?

 

CR: Wirklich nicht schlecht. Ich verfolge die WM ja aktuell von Zuhause mit meiner Familie und mir macht es schon Spaß zu sehen, wie die besten Spieler Deutschlands auf dem Platz stehen. Gegen Japan haben wir keine schlechte Leistung gezeigt, aber klar, am Ende war es nicht perfekt. So ein Spiel verliest du wahrscheinlich einmal von fünfzig. Gegen Spanien fand ich die Leistung im Grunde auch sehr stabil. Es hat Spaß gemacht zuzuschauen. Ich bin auch zuversichtlich, dass wir das Spiel gegen Costa Rica gewinnen werden. 

 

DR: Die EM ´24 steht ja nun auch in 1 ½ Jahren an. So ein Turnier ist ja, vor allem wenn es im eigenen Land ist, immer ein riesen Highlight. Was ist denn Deine Einschätzung was so ein Turnier, gerade auch für den Jugendfußball, bewirken kann?

   

CR: Also ich hoffe natürlich, dass es eine ähnliche Euphorie wird wie 2006, auch wenn ich das noch nicht so richtig mitbekommen habe. Ich war zu dem Zeitpunkt ja erst 3 Jahre alt. Ich würde mir wünschen, dass dadurch möglichst viele Kinder inspiriert werden und den Spaß am Fußball entdecken. Ich denke, dass das bei der aktuellen WM, aufgrund der gesamten Umstände, nicht so sehr stattfindet. Ich hoffe einfach, dass bei der EM wieder der Fußball im Vordergrund stehen kann und die Vorfreude auch wieder da ist und sich am Ende auch möglichst viele Kinder vom Fußball inspirieren bzw. begeistern lassen und dann auch den Weg zum Fußball einschlagen. Es ist eben einfach ein toller Sport. 

 

DR: Wie beurteilst du denn allgemein den Amateurfußball in unserem Land? Gerade vor kurzem gab es ja eine Aktion vom SV Darmstadt, in der ihr diverse Spiele von Amateurvereinen in der Region besucht habt. Wie war das für euch auch mal Amateurspiele zu besuchen, außerhalb eurer Heimatvereine?

 

CR: Uns ist es sehr wichtig unsere Amateurvereine zu unterstützen, weil wir in unserer Mannschaft auch noch alle wissen wo wir herkommen und die Amateurvereine nun mal die Vereine sind, die uns den Weg dafür geebnet haben dahin zu kommen wo wir heute sind. Deshalb sind die Amateurvereine für den deutschen Fußball auch so extrem wichtig. Wir hatten vor kurzem bspw. auch eine Aktion, in der jeder in einem Training das Trikot seines Heimatvereins getragen hat. Damit wollten wir einfach zeigen, dass wir unseren Heimatvereinen dankbar dafür sind, was sie in den letzten Jahren für uns getan haben. Was ich schade finde ist, dass Kinder und Jugendliche teilweise schon sehr früh Leistungsdruck erfahren und auch schon in sehr jungen Jahren Berater bzw. Scouts vergleichsweise horrende Ablösen für Jugendspieler fordern und auch zahlen. Ich bin der Meinung: Lasst die Kinder in diesem Alter einfach Fußball spielen und Spaß haben.

 

TS: Wir erleben so etwas ja auch regelmäßig das Kinder bereits in der E-Jugend abgeworben werden, was schon sehr früh ist da die Kinder dann schon mit 8-9 Jahren quasi aus dem bekannten sportlichen Umfeld und dem Freundeskreis gerissen werden. 

 

CR: Ja, also eine solche Entscheidung muss schon sehr gut überlegt sein, da man als Kind auf jeden Fall die Unterstützung der Eltern und in meinem Fall auch der Großeltern benötigt. Zum Beispiel die Fahrerei alleine zu den Trainingseinheiten und den Spielen darf nicht unterschätzt werden. In erster Linie muss das aber von dem Kind bzw. dem Jugendlichen selbst kommen, ansonsten hat das wenig Sinn.

 

TS: Clemens, jetzt sind wir auch schon am Ende unseres Interviews angelangt. Wir hoffen, dass du uns nächste Jahr vielleicht nochmal im Rahmen unseres Camps besuchen kannst. Auf jeden Fall wünschen wir dir bzw. dem ganzen Team viel Erfolg in der Rückrunde und natürlich auch im Pokal. Vielen Dank auch nochmals dafür das du unserer Einladung gefolgt bist und uns weiterhin in solchen Dingen die Treue hältst!

 

CR: Es ist immer wieder schön hier zu sein, wir werden uns ganz sicher auch im nächsten Jahr wieder sehen!

 

Im Anschluss an das Interview zeigten wir Clemens noch die uns vom DFL überreichte Urkunde für den ersten Profi-Einsatz von Clemens. Die Urkunde hängt in der Vereinskneipe „Underground“ des SKV.